
Monitoring-Bericht zur Energiewende : Reiche drängt auf effizientere Energiewende
Die Wirtschaftsministerin will die Energiewende verändern und legt einen 10-Punkte-Plan vor. Für die Pläne erntet sie massive Kritik aus der SPD und der Opposition.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat sich klar zur Nutzung erneuerbarer Energien bekannt, will aber in der künftigen Energiepolitik den Aspekt der Versorgungssicherheit in den Vordergrund stellen und Subventionen kürzen.
Bei der Vorstellung des lange erwarteten Monitoring-Bericht des Energiewissenschaftlichen Instituts der Universität zu Köln sagte die CDU-Politikerin Anfang dieser Woche, die Energiewende stehe an einem Scheideweg. „Damit sie gelingt, müssen Verlässlichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Kostentragfähigkeit des Energiesystems für unseren Wirtschaftsstandort ins Zentrum rücken. Denn nur mit sicherer, sauberer und bezahlbarer Energie können wir Arbeitsplätze sichern, Wettbewerbsfähigkeit erhalten und sozialen Zusammenhalt stärken.“
Zehn Schlüsselmaßnahmen für mehr Wettbewerb
Die Ministerin skizzierte ihre Vorstellungen von der künftigen deutschen Energiepolitik in insgesamt zehn Punkten. So will sie daran festhalten, dass bis 2030 insgesamt 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen. Beim Strombedarf geht sie offenbar von einem weniger starken Anstieg aus, als der früher noch erwartet worden war.
So soll der Verbrauch zwischen 600 und 700 Terrawattstunden im Jahr 2030 liegen. Während es in einer Erklärung von Reiches Ministerium heißt, der Verbrauch werde eher am unteren Ende der Schätzung liegen, heißt es im Monitoring andererseits auch: „Studien, die von einem vollständigen Erhalt der gegenwärtigen Industriestruktur ausgehen, errechnen im Durchschnitt einen höheren Strombedarf.“
Synchroner Ausbau von Netzen und Erneuerbaren Energien
Netze und erneuerbare Energien sollen synchron ausgebaut werden, lautet ein weiteres Ziel der Ministerin. „Wo die Netzsituation kritisch ist, trägt der Investor einen höheren Anteil an den Ausbaukosten; an günstigen Standorten kann ein beschleunigter Netzanschluss mit reduzierten Kosten erfolgen“, schreibt das Ministerium dazu. Wo immer möglich, sollten zusätzliche Kosten durch Erdverkabelung vermieden werden.
„Wir befürchten, Katherina Reiche will weiterhin die Energiewende abbremsen. Klimaschutz wird durch diese Regierung abgewickelt.“
Die fixe Einspeisevergütung für erneuerbare Energien soll abgeschafft werden, genauso die die Vergütung bei negativen Strompreisen.
Reiche hält am Hochlauf der Wasserstoff-Technologie fest
Stattdessen soll es differenzierte Finanzierungsmodelle geben. „Versorgungssicherheit ist zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten“, heißt es in dem Papier des Ministeriums. Dazu soll es Ausschreibungen für flexible Grundlastkraftwerke, insbesondere Gaskraftwerke geben. Reiche selbst sagte: „Damit die Energiewende gelingt, brauchen wir gesicherte Leistung als Backup. Also Speicher, Batterien, Biomasse, Wasserkraft und Gaskraftwerke, die später auf Wasserstoff umgerüstet werden können.“
Außerdem bekannte sie sich zur Speicherung von Kohlendioxid (CCS/CCU-Technologie). „Die Speicherung, Lagerung und Nutzung von CO2 ist ein wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung der Industrie und kann bei der Energieerzeugung eingesetzt werden“, sagte die Ministerin. Am Hochlauf der Wasserstoff-Technologie hält Reiche fest, will aber Änderungen. „Die aktuellen Elektrolyseur-Ausbauziele werden durch flexible Ziele ersetzt, die sich an konkreten Projekten auf Nachfrageseite in Deutschland orientieren“, so das Ministerium.
Kritik kommt vom Koalitionspartner SPD und aus der Opposition
Ob Reiche sich mit ihren Vorstellungen in der Koalition durchsetzen wird, ist nicht sicher. Bei der SPD stießen die Pläne auf Kritik. Energieexpertin Nina Scheer lehnte es strikt ab, die Solarenergieförderung in Teilen einzustellen: „Ganz im Gegenteil: Die Koalition hat sich darauf verständigt, private Haushalte zu Akteuren der eigenen Energieversorgung zu machen.“ Jede Gefährdung im Umstieg auf Erneuerbare Energien verlängere die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen und verteuere damit die Energie, warnte die SPD-Politikerin.
Kritisch äußerten sich ebenfalls die Grünen. „Wir befürchten, Katherina Reiche will weiterhin die Energiewende abbremsen. Klimaschutz wird durch diese Regierung abgewickelt. Wir sehen eine Bremsspur beim Verbrenner-Aus genauso wie gezieltes Verzögern beim Klimaziel 2040, direkt auf Order des Bundeskanzlers“, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Kellner.
Ebenso kritisch zeigte sich Die Linke: „Es ist falsch, wenn die Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche die Energiewende am ‚Scheidepunkt‘ sieht. Dem steht entgegen, dass die erneuerbaren Energien in den letzten Jahren erfolgreich ausgebaut wurden. Dies darf jetzt nicht gedrosselt werden“, erklärte Jörg Cezanne, Sprecher für Energiepolitik der Linksfraktion.
Die AfD-Fraktion setzt sich seit langem für Grundlastkraftwerke mit fossilen Energieträgern und für die Wiedereinführung der Kernenergienutzung mit Reaktoren der dritten und vierten Generation ein. Von einer Rückkehr zur Kernenergie ist in den Unterlagen der Kölner Wissenschaftler nichts zu lesen.
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