
Klingbeil bringt Etatentwurf für 2026 ein : Ein Finanzminister mit unbequemen Botschaften
Der Etat für 2026 enthält Rekordinvestitionen und Rekordschulden. Ab 2027 droht eine große Haushaltslücke. Reformen sind angesagt.
Rekordsummen werden im Jahr 2026 investiert werden - in Infrastruktur und in die militärische Sicherheit. Doch der Etatentwurf und die mittelfristige Finanzplanung enthalten weitere Rekorde: Da ist ein erwartbares Haushaltsloch von bis zu 30 Milliarden Euro im Jahr 2027. Neuverschuldung und Zinsausgaben springen ebenfalls von Rekord zu Rekord. Anlass genug für den Bundesrechnungshof zu drastischen Warnungen: Der Bund lebe "strukturell über seine Verhältnisse". Wenn jeder dritte Euro auf Pump finanziert werde, sei das keine solide Finanzwirtschaft mehr.
Klingbeil hält “mutige und teils unbequeme” Reformen für nötig
Der angesprochene Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) bekannte sich in seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts am Dienstag zur Notwendigkeit, das "größte Investitionsprogramm in unserer Geschichte" aufzulegen und angesichts der russischen Bedrohung "massiv in unsere Sicherheit" zu investieren. "Wir sind verlässliche Nato-Partner. Wir stehen zu unseren Bündnisverpflichtungen", beschrieb der Minister das "wichtige Signal", das vom Haushalt an die Partnerländer ausgehe. Um in Europa stark zu sein, müsse es in Deutschland Reformen geben; es seien "mutige und teils unbequeme" Entscheidungen zu treffen.

„Wer glaubt, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher, der irrt sich.“
Die Ausgaben für Infrastruktur und Sicherheit sind die eine Seite, die Kosten die andere. Das Geld, von dem alle profitiert hätten, müsse zurückgezahlt werden. Die Haushaltslücke 2027 "wird uns fordern". Klingbeil zeigte sich überzeugt, dass die Lasten nicht auf einige wenige abgewälzt werden dürften. Es müsse vielmehr ein Weg gefunden werden, "der fair und solidarisch ist" und bei dem alle ihren Beitrag leisten würden, damit es gerecht zugehe. Eine Lücke von 30 Milliarden sei keine Kleinigkeit. Wenn es auf die strukturelle Schieflage keine überzeugende Antwort gebe, "dann gefährden wir den Wohlstand und die Sicherheit und das Zusammenleben in unserem Land", warnte Klingbeil.
Der Status quo als “unser Gegner”
Der Finanzminister mahnte Veränderungen an: "Wer glaubt, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher, der irrt sich." Man brauche einen Sozialstaat, der sich verändere. Wer Hilfe brauche, solle sie bekommen, aber es gebe auch Menschen, die sich verweigern würden. Es gebe zunehmenden Missbrauch und "professionelle Strukturen, die den Sozialstaat ausnutzen. Darauf muss der Rechtsstaat mit aller Konsequenz und Härte reagieren."
Klingbeil fasste zusammen: “Wenn wir nicht handeln, wenn wir am Status quo festhalten, dann verlieren wir an wirtschaftlicher Stärke, dann verlieren wir an sozialem Zusammenhalt, dann verlieren wir auch das Vertrauen der Menschen. Deswegen ist der Status quo unser Gegner.”
SPD mahnt, die Verteilung der Belastungen müsse gerecht erfolgen
In der Debatte sprach auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Thorsten Rudolph, die Haushaltslücke an. Diese könne geschlossen werden, "wenn wir als Koalition zusammenstehen und gemeinsam Verantwortung übernehmen". Er sei überzeugt, dass man mit Wachstum, sparsamer Haushaltsführung, Prüfung von Subventionen und einer sozial gerechten Reform der sozialen Sicherungssysteme zu guten Lösungen kommen werde. Die Verteilung der Belastungen müsse gerecht erfolgen, etwa bei der Erbschaftsteuer. Beim Wirtschaftswachstum könnte die Rechnung aufgehen: Die führenden Forschungsinstitute erwarten, dass Deutschland die Krise hinter sich lässt und es mehr Wachstum gibt.

Besorgt wegen der Feststellungen des Rechnungshofes zeigte sich Mathias Middelberg (CDU). Im Haushalt 2026 würden bei Ausgaben von 605 Milliarden Euro 174 Milliarden durch neue Kredite finanziert. Daher müsse "wirklich zielgenau" investiert werden, und es müsse strukturelle Reformen vom Bürgergeld bis zu Subventionen geben. Ziel sei ein Konsens, der alle gesellschaftlichen Gruppen "fair und gerecht" einbeziehe. Der Bundesrechnungshof habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zinsausgaben von 30 auf 67 Milliarden im Jahr 2029 steigen würden. Eine Kreditfinanzierung in diesem Ausmaß könne man auf Dauer nicht leisten.
Die Kritik des Rechnungshofes machte auch Michael Espendiller (AfD) zum Thema. Mit Schulden könne man kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum erzeugen. "Es gibt im Bundeshaushalt 2026 jede Menge Sparpotenzial, mit dem wir verhindern können, dass wir in eine nicht endende Schuldenspirale eintreten, deren Zinszahlung uns und künftige Generationen erdrücken wird", erklärte Espendiller
Grüne warnen vor “Winter der Enttäuschungen”
Sebastian Schäfer (Grüne) warf Klingbeil vor, nur "politische Prosa" zu verbreiten. Damit aus dem von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigten Herbst der Reformen "kein Winter der Enttäuschungen wird, brauchen unsere Kommunen Geld, um in Busse, Bahnen und Schienen zu investieren". Die Sozialversicherungen müssten dringend stabilisiert werden. Nötig seien Investitionen in Infrastruktur, Zukunftstechnologien und den Klimaschutz.
Dietmar Bartsch (Linke) warf der Koalition "grenzenlose Aufrüstung mit diesem Haushalt" vor. Dagegen würden die Länder zu wenig unterstützt - mit nur 8,3 Milliarden Euro. Für Mecklenburg-Vorpommern bedeute das 160 Millionen Euro. "Das ist genau so viel wie fünf neue Leopard-2-Panzer". Und die Koalition wolle sogar 1.000 neue Panzer bestellen.

Laut Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) wird für 2026 von leicht sinkenden Steuereinnahmen ausgegangen. 384 Milliarden Euro (2025: 386,8 Milliarden) werden erwartet. Die Nettokreditaufnahme liegt laut Einzelplan 32 mit 89,9 Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau von 81,1 Milliarden Euro.
Vom Infrastruktur-Sondervermögen sollen 58,87 Milliarden Euro abfließen (2025: 37,24 Milliarden). 21,25 Milliarden Euro und damit knapp zehn Milliarden Euro mehr als 2025 sind als Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur eingeplant. Das Bundesfinanzministerium soll 10,8 Milliarden Euro ausgeben können (plus 215,1 Millionen). Die Einnahmen sollen 256,3 Millionen Euro betragen.
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