
Einigung bei Gaza-Verhandlungen : Vorsichtige Hoffnungen auf einen Frieden in Nahost
Der Bundestag debattiert in einer Aktuellen Stunde über die Chancen von Trumps Friedensplan. Die Bundesregierung nimmt bereits den Wiederaufbau Gazas in den Blick.
"Bring them home now" - zwei Jahre lang hängen die Plakate mit dem großen Schriftzug und den Bildern der von der Hamas und anderen Terrororganisationen aus Israel verschleppten Menschen schon auf dem sogenannten Geiselplatz im Zentrum von Tel Aviv. Seit die radikal-islamische Hamas Israel am 7. Oktober 2023 überfallen, mehr als 1.200 Menschen ermordet und 251 entführt hatte, haben Freunde und Angehörige der Entführten hier immer wieder an das Schicksal der Geiseln erinnert, gemeinsam getrauert und gebangt. Doch am frühen Donnerstagmorgen brach hier Jubel aus. Kaum war bekannt geworden, dass Israel und die Hamas sich auf eine erste Phase zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen - auf einen Waffenstillstand und die Freilassung aller lebenden und die Übergabe der verstorbenen Geiseln - verständigt hatten, füllte sich der Platz mit singenden und tanzenden Menschen. Schon Anfang der Woche sollen ihre Lieben zurück nach Hause kommen. Allerdings sind von den noch im Gazastreifen befindlichen 48 Geiseln wohl nur noch 20 am Leben.
"Wir warten mit angehaltenem Atem auf unsere Kinder"
Die Einigung sei "ein diplomatischer Erfolg und ein nationaler und moralischer Sieg für den Staat Israel", schrieb Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf X. Oppositionsführer Jair Lapid dankte Trump und kündigte ebenfalls auf X an: "Wir warten mit angehaltenem Atem auf unsere Kinder." Das israelische Kabinett billigte das in Ägypten ausgehandelte Abkommen gegen den Widerstand des rechtsextremen Koalitionspartners am Freitagmorgen mit großer Mehrheit.
Ermöglicht hat diesen Durchbruch ein Friedensplan von US-Präsident Donald Trump, der in der ersten Phase auch einen teilweisen Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen und Hilfslieferungen für die notleidende Zivilbevölkerung vorsieht.

Große Freude auch in Gaza: Viele Palästinenser haben kein Zuhause mehr und weder Strom noch Internet. Dass es Hoffnung auf Frieden gibt, erfuhren viele erst von den Reportern.
Für Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) könnte der Plan das Leiden in Gaza endlich beenden. "Aber genauso erlaubt er eine Perspektive eigenständiger palästinensischer Staatlichkeit und einer Verantwortungsübernahme im Gazastreifen durch die Palästinensische Behörde, die Perspektive auf eine Zweistaatenlösung, für die wir uns weiter einsetzen", sagte er am Mittwoch in einer von Union und SPD anberaumten Aktuellen Stunde. Die Bundesregierung werde bei der Stabilisierung, bei Wiederaufbau und humanitärer Hilfe unterstützen, sicherte er zu.
Bundesregierung: Wiederaufbau Gazas wird vorbereitet
Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) betonte, der Wiederaufbau Gazas werde schon jetzt vorbereitet. Sie sei dazu bereits mit Ägypten, den palästinensischen Behörden und den Vereinten Nationen in Gesprächen. Die Chance, die der Plan biete, dürfe nicht vertan werden, mahnte sie. “Jeder Tag des Krieges, der Gewalt, des Leids kostet Leben, und das muss sofort aufhören.”
Der Trump-Plan auf einen Blick
✌️ Der von US-Präsident Donald Trump vorgelegte Friedensplan sieht im ersten Schritt eine Waffenruhe vor.
🏡 Alle 48 Geiseln sollen binnen 72 Stunden freikommen oder ihre Leichen überführt werden. Israel soll dafür rund 2.000 palästinensische Häftlinge freilassen.
🤝Danach wird über den vollständigen Rückzug Israels aus Gaza, eine internationale Stabilisierungstruppe und eine Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter internationaler Aufsicht verhandelt.
Markus Frohnmaier (AfD) nannte es Trumps Verdienst, dass eine "Massenmigration aus Gaza" verhindert werden konnte. Der US-Präsident habe damit mehr für deutsche Interessen getan als die Bundesregierung. Darüber, dass sie neben der Ukraine auch noch Gaza wiederaufbauen wolle, könne er angesichts der Wirtschaftslage in Deutschland nur den Kopf schütteln, sagte er.
Katharina Dröge (Bündnis 90/Grüne) betonte, ein Friedensprozess, der zu einer Zweistaatenlösung führe, sei der "einzige Weg für Sicherheit und Frieden für alle Menschen in der Region". Jan van Aken (Die Linke) rief die Bundesregierung auf, wirtschaftlich Druck auf Israel auszuüben, um tatsächlich einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Bisher seien die Rechtsextremen in der Regierung nicht dazu bereit, urteilte er.
Palästinenser in Gaza hoffen, nach Hause zurückkehren zu können
Bilder der Nachrichtenagentur AP zeigten am Donnerstag auch in Gaza jubelnde Menschen. Viele haben kein Zuhause mehr und weder Strom noch Internet. Dass es Hoffnung auf Frieden gibt, erfuhren viele erst von den Reportern. "Wir bitten Gott, dass wir in unsere Häuser zurückkehren können", sagte ein Mann. Doch der brachiale Krieg Israels gegen die Hamas hat den Küstenstreifen weitgehend zerstört. Laut palästinensischem Gesundheitsministerium sind insgesamt mehr als 66.000 Palästinenser im Krieg getötet worden, darunter 20.000 Kinder.
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