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Parlamentarisches Profil : Die für die Arbeitenden: Tamara Mazzi

Die wachsenden Verteidigungsausgaben gehen der Linken-Abgeordneten aus Kiel gegen den Strich. Das geschehe zulasten von Kindern und Jugendlichen, kritisiert sie.

28.11.2025
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3 Min

Hätte sie auf ihren Grundschullehrer gehört, säße sie jetzt vielleicht nicht im Haushaltsausschuss des Bundestags. "Er meinte: Mädchen und Mathe passen nicht so gut zusammen", erinnert sich Tamara Mazzi; was man halt so sagt, um Privilegien zielorientierter zu verteilen. "Doch dann erhielt ich ab der siebten Klasse tolle Lehrkräfte und merkte: Mathe macht mir Spaß, ich habe ein Zahlenverständnis." Und so wurde Mazzi nicht nur Lehrerin für Mathematik sowie Geschichte und zog 2025 für die Linke in den Bundestag ein. Sie ging auch in den Haushaltsausschuss, wo sie mit Zahlen genügend zu tun hat.

Foto: DBT / Tilo Strauss / photothek

Tamara Mazzi sitzt seit 2025 für die Linksfraktion im Bundestag. Die 33-Jährige ist Mitglied im Haushaltsausschuss sowie im Rechnungsprüfungsausschuss.

Und der hat in diesem Jahr besonders viele Ziffern. "Dafür wird aber erstaunlich wenig Geld für die Menschen in die Hand genommen", kritisiert Mazzi. Ein Fünftel für Verteidigung - "da gibt es dann kalte Kürzungen im Sozialen, das belastet die Kinder- und Jugendpolitik", sagt die Pädagogin. Die Kielerin zeigt sich konsterniert von der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses, die 16 Stunden lang dauerte, bis man den Etatentwurf beschloss. "Am Ende waren alle unglaublich erschöpft, aber wofür?" 

Mazzi moniert, dass man sich dafür nicht mehr Zeit genommen habe, dass man nicht zwei Sitzungen eingeplant habe. "Um vier Uhr morgens tauscht man sich nicht wirklich mehr aus - das war angesichts des Volumens und der Bedeutung für die Bevölkerung nicht respektvoll."

Mazzi spricht von einer “Militarisierung der Gesellschaft”

Überhaupt wirkt Mazzi, 33, wütend. "Die Kosten für Waffen steigen gerade exponentiell an, wir kippen den Mehrgewinn einfach in Rheinmetall rein." Aber Moment, sagen nicht die Experten, dass vieles an der Bundeswehr marode sei und Investitionen brauche? "Ja", sagt sie gedehnt, aber da würden Gelder verpuffen, es gebe viel Verwaltung - und man solle eher darüber sprechen, wie die Bundeswehr effektiver gestaltet werden könne. Nun, aber braucht es nicht dennoch eine Zeitenwende? "Das Jetzige geht über den Verteidigungsduktus hinaus", beharrt sie, "das ist eine Militarisierung der Gesellschaft".


„Es gibt kalte Kürzungen im Sozialen, das belastet die Kinder- und Jugendpolitik.“
Tamara Mazzi (Die Linke)

Man merkt, dass Mazzi im Bundestag vor allem Arbeit und Soziales angeht. Bei der Linken sei sie, sagt sie, weil die Partei am ehesten für die Arbeitenden da sei. Jedenfalls weiß Mazzi, wovon sie spricht. Sie wuchs in Mettenhof auf, das ist ein Stadtteil mit besonders vielen Hochhäusern. "Wir sind von der Politik und von der Stadtplanung immer benachteiligt worden", sagt sie. Früher sei sie es schlicht gewohnt gewesen, dass die überfüllten Busse immer nur jede halbe Stunde zur Universität fuhren. 

Später, als sie dann selber ins Zentrum gezogen war, habe sie gemerkt, dass bei Bedarf auch eine andere Taktung möglich sei - "aber nicht für die in Mettenhof". Eine Initialzündung ihres politischen Engagements war, als die Stadtteilbibliothek in ihrem Kiez während Corona geschlossen wurde, während die in anderen Stadtteilen offenblieben, "und das, obwohl Mettenhof am kinderreichsten in Kiel ist, und es auch den größten Bildungsbedarf gibt".

Über Schulstreiks und Kommunalpolitik in den Bundestag

Sie schrieb einen Brief an den Oberbürgermeister, im Rathaus merkte man auf, und die Bücherei wurde aufgeschlossen. Vorher hatte sie sich an Schulstreiks beteiligt und später an der Uni zu Antirassismus und an feministischen Themen gearbeitet. Doch der Brief war eine Prélude für ihr kommunalpolitisches Engagement, "ich sah, dass man etwas bewirken kann". Sie zog in die Kieler Ratsversammlung ein. Und merkte, dass all die ehrenamtliche Arbeit neben dem Beruf als Lehrerin viel Energie beanspruchte, "da dachte ich schon, dass ich das einmal auch hauptamtlich machen möchte"; also die Bundestagskandidatur und der überraschende Einzug über Listenplatz 2. "Ich hatte bei diesem Listenplatz nicht damit gerechnet".

Am Montag nach der Bundestagswahl ging sie dann zuerst in die Schule, sie musste ja unterrichten. "Die großen Schüler in der Oberstufe fanden das cool, aber die Kleinen in der sechsten Klasse waren traurig und überrascht; sie fragten, ob das auch anderen Lehrern passieren könne, so als ob man eingezogen wird". Aber es sei nur zeitlich befristet, "ein bisschen vermisse ich das Klassenzimmer".

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