
Mammutaufgaben für den Digitalminister : Ein neues Ministerium mit alten Problemen
Der Bundestag streitet über Wildbergers Rumpf-Etat für 2025, Milliarden aus dem Sondervermögen für Netze - und die Zuständigkeiten des Ministeriums im Werden.
Den Staat "neu zu denken", versprach Politik-Quereinsteiger Karsten Wildberger (CDU) nur wenige Wochen nachdem er Deutschlands erstes Digitalministerium übernommen hatte. Doch bereits Anfang September machte ausgerechnet Wildbergers Haus mit Schlagzeilen über fehlende digitale Prozesse von sich reden. Der Grund: Die Bewerberinnen und Bewerber auf die eilig geschaffenen Stellen mussten ihre Unterlagen nicht etwa in ein Online-Portal hochladen, sondern als PDF-Dokument per E-Mail einsenden und sich zusätzlich in ein Excel-Formblatt eintragen, wie der "Tagesspiegel" berichtete. Willkommen im "Start-up-Ministerium".
Darüber, dass Digitalisierung vor allem mit Geld und Strukturen beginnt, stritten auch die Abgeordneten in der Debatte zum Etat des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS). Der Bundestag nahm den Einzelplan 24 am Dienstag mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition an. Für die vielen Baustellen und Projekte steht Wildberger in den kommenden knapp dreieinhalb Monaten ein "Rumpf-Haushalt" zur Verfügung - so nannte Grünen-Politikerin Ricarda Lang den Etat. Darin sind für 2025 Ausgaben in Höhe von 11,2 Millionen Euro veranschlagt, davon rund die Hälfte für Personal.
Einzelplan wurde erst mit der Bereinigungsvorlage geschaffen
Erst in der Bereinigungsvorlage für den Haushaltausschuss war der Einzelplan 24 im Bundeshaushalt sichtbar geworden. Der Großteil der Infrastruktur-Investitionen findet sich jedoch im neuen Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität. Der Ausgabenschwerpunkt bleibt die Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus: Dafür sind dort 2,93 Milliarden Euro vorgesehen. Auch Investitionen in den Mobilfunkausbau (366,8 Millionen Euro) und Mittel für die Digitalisierung der Verwaltung sind dort zu finden. Im bisher für digitalpolitische Projekte relevanten Kapitel des Bundesverkehrsministeriums finden sich ebenfalls noch Gelder, unter anderem für nationale und internationale Digitalpolitik sowie digitale Innovationen wie Künstliche Intelligenz.
Dafür, dass immer noch keine Details zum Organisationserlass vorlägen, habe ihre Fraktion zunehmend wenig Verständnis, monierte Ricarda Lang in der Debatte. Dies führe dazu, dass wichtige Themen verschleppt würden und sei vor dem Hintergrund, dass das BMDS Vorbild für Effizienz und Geschwindigkeit sein wolle, misslich. Sie kündigte an, ihre Fraktion werde im weiteren Prozess darauf achten, dass es "kein Wirrwarr und Doppelzuständigkeiten" gebe. "Bitte zerschlagen Sie das ITZBund nicht", sagte die Grünen-Politikerin, das sei genau der falsche Weg.
„Wir bewegen uns in Deutschland maximal im digitalen Schneckentempo.“
Auch Ruben Rupp (AfD) kritisierte, dass sich das Haus von Wildberger im Wartezustand befinde - "und das, obwohl wir Vollgas bräuchten". Der "Mini-Etat" für das Jahr 2025 dürfe sich 2026 nicht wiederholen, denn damit sei digitale Souveränität nicht zu erreichen. Rupp betonte, eine günstige und solide Energieversorgung sei Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung. Der Strombedarf für deutsche Rechenzentren steige bis 2045 auf mindestens zehn Gigawatt zusätzlich. Angesichts dieses "gigantischen Energiebedarfs" brauche es einen energiepolitischen Kurswechsel.
Linken-Haushälter Sascha Wagner bemängelte vor allem das Tempo: "Wir bewegen uns in Deutschland maximal im digitalen Schneckentempo." Es gebe nach wie vor "endlose Papierformulare, überlastete Behörden und digitale Angebote, die in der Regel weder nutzerfreundlich noch barrierefrei" seien. Die im Onlinezugangsgesetz (OZG) vorgesehenen Leistungen seien bis heute nur teilweise umgesetzt, kritisierte er. Das führe dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger Zeit, Nerven und Vertrauen verlören. Gefragt sei eine digitale Verwaltung, die den Menschen diene.
SPD mahnt, die Gelder “maximal effizient” einzusetzen
Vertreter der Koalition sehen hingegen die Weichen "für ein neues Kapitel in der Digitalpolitik" gestellt, wie Franziska Hoppermann (CDU) betonte. SPD-Haushälter Martin Gerster sprach von einem "guten Fundament, auf dem wir aufbauen können." Dadurch, dass Aufgaben aus sechs verschiedenen Ressorts im BMDS gebündelt würden, prallten unterschiedliche Kulturen, Zuständigkeiten und IT-Strukturen aufeinander", sagte Hoppermann. Das sei nicht weniger als "eine Mammutaufgabe", räumte die Digitalpolitikerin ein. Um ein organisatorisches Durcheinander zu vermeiden, habe man das neue Ressort mit einem Starterpaket abgesichert, erste Maßnahmen seien bereits umgesetzt worden, betonte sie.
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Das "enge Korsett der Schuldenbremse hat viel zu lange wichtige Investitionen, gerade auch bei der Digitalisierung, ausgebremst", kritisierte Gerster. Mit Blick auf das neue Sondervermögen sei es entscheidend, dass die zur Verfügung stehenden Gelder nun "maximal effizient" eingesetzt würden - inklusive besserer Planung und Steuerung.
Beim Thema digitale Souveränität sagte Gerster in Richtung des Ministers, er baue auch bei den Sicherheitsthemen, etwa die Modernisierung der polizeilichen IT-Infrastruktur betreffend, auf seinen Einsatz genau dafür.