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100 Milliarden für die Länder : Wie viel kommt bei den Kommunen an?

Ein Fünftel aus dem 500 Milliarden Euro Sondervermögen Infrastruktur soll an die Länder gehen. Koalitionspolitiker fordern eine 60 Prozent Mindestquote für Kommunen.

12.09.2025
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4 Min

Länder, Städte und Gemeinden sollen in den kommenden Jahren deutlich mehr investieren. Das will die Bundesregierung mit dem Länder- und Kommunal-Infrastrukturgesetz erreichen, das der Bundestag am Freitagmorgen in erster Lesung debattiert hat. 

Foto: picture alliance / BMF / photothek.de

"Wir müssen raus aus dem Sanierungsstau",sagt Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und kündigt Investitionen an.

Es soll die Voraussetzungen schaffen, dass von den 500 Milliarden Euro an neuen Schulden, die der Bund im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK) aufnehmen darf, 100 Milliarden Euro an die Länder fließen. Selbst von Koalitionsseite wurde dabei kritisiert, dass die Länder nunmehr keine feste Vorgabe erhalten sollen, 60 Prozent der Mittel vom Bund an die Kommunen weiterzuleiten. Außerdem hat der Bundestag einen Gesetzentwurf debattiert, damit die Länder künftig selbst Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen können.

Die Bundesregierung will mit dem Gesetz für mehr Wachstum sorgen

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) erklärte bei der Einbringung des Gesetzes: "Wir investieren so viel wie selten zuvor in die Zukunft unseres Landes." Es sei das Ziel der Bundesregierung, Deutschland auf Wachstumskurs zu bringen, Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Eltern sollten gesichert einen Kita-Platz erhalten. Die Schulen sollten gut ausgestattet werden. Es solle möglich werden, einen Personalausweis digital zu beantragen. Der Öffentliche Personennahverkehr solle besser werden. "Wir müssen raus aus dem Sanierungsstau", sagte Klingbeil.

Für die AfD-Fraktion forderte Michael Espendiller, dass die Bundesländer von Aufgaben befreit werden müssten. Seine Fraktion hatte zu dem Tagesordnungspunkt einen Antrag eingebracht, in dem sie fordert, die Klimaschutz- und Migrationspolitik des Bundes umgehend zu stoppen. Sie kritisiert: “Für Schulen und Straßen ist kein Geld da, für Flüchtlinge und Klimaschutz schon.”


„Wir investieren so viel wie selten in die Zukunft unseres Landes.“
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD)

Espendiller kritisierte unter Verweis auf Äußerungen der Deutschen Bundesbank, dass von den neuen Schulden ein großer Teil nicht für Investitionen, sondern für konsumtive Ausgaben genutzt würde, also für "das Stopfen von Haushaltslöchern".

Union bedauert fehlende Einigung auf Mindestquote mit den Ländern

Dem entgegnete Mathias Middelberg für die CDU/CSU-Fraktion: "Die Kommunen werden mit dem Gesetz gestärkt." Das schaffe die Grundlage für neues Wachstum in Deutschland. Der Christdemokrat kritisierte, dass in dem Gesetzentwurf die Regelung nicht mehr enthalten sei, die den Ländern vorschreibt, mindestens 60 Prozent an die Kommunen weiterzugeben. Dies war im ursprünglichen Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium noch vorgesehen. 

"Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns mit den Ländern auf eine Mindestquote geeinigt hätten", sagte Middelberg. Er lobte auch die "Sport-Milliarde" zur Sanierung von Sportstätten und Schwimmbädern, die der Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche in der Bereinigungssitzung für den Haushalt 2025 beschlossen hat. Sie sind nicht Teil der 100 Milliarden Euro aus dem LuKIFG, sondern stammen gesondert aus den übrigen 400 Milliarden Euro aus dem neuen SVIK, von denen allerdings weitere 100 Milliarden Euro bereits für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehen sind.

Grüne verweisen auf Kritik des Bundesrechnungshofs

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Sebastian Schäfer, dass nicht vorgegeben sei, dass Investitionen in klimaschädliche Projekte ausgeschlossen seien. Auch das Kriterium, dass nur zusätzliche Investitionen gefördert werden, fehle. Er verwies auf Äußerungen des Bundesrechnungshofs. Dieser hatte in einem Bericht an den Haushaltsausschuss vor dem Risiko gewarnt, dass das beabsichtigte Mehr an Infrastrukturinvestitionen in den Ländern ausbleibe.


„Hier von einem Tropfen auf den heißen Stein zu sprechen, wäre eine Beleidigung für den Tropfen.“
Christian Görke (Die Linke)

Der Bund verzichte auf wesentliche Stellschrauben für den Erfolg des Gesetzes, heißt es in dem Bericht laut Deutscher Presse-Agentur. "Das können wir uns nicht leisten", sagte Schäfer. Seine Fraktion fordert in einem Antrag unter anderem, dass die Kommunen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten sollen und die Gewerbesteuer gestärkt wird, um die kommunale Finanzkraft zu steigern.

SPD kritisiert die fehlende 60 Prozent-Quote für Kommunen

Christian Görke verwies in seinem Redebeitrag für die Fraktion Die Linke darauf, dass dem Land Brandenburg zwar drei Milliarden aus dem Sondervermögen zufließen dürften. Aber der Investitionsbedarf dort liege bei 40 Milliarden Euro. "Hier von einem Tropfen auf den heißen Stein zu sprechen, wäre eine Beleidigung für den Tropfen", sagte Görke

Auch die SPD-Fraktion bemängelte indes, dass die 60 Prozent-Quote für die Kommunen nicht mehr vorgesehen ist. "Wir müssen da in harte Verhandlungen gehen", sagte Wiebke Esdar (SPD). Als Vorbilder nannte sie diesbezüglich Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.

Eine besondere Regelung gibt es für Bremen und das Saarland. Hier hat die Regierung einen Entwurf zur Änderung des Sanierungshilfegesetzes eingebracht, um auch diesen Ländern die Möglichkeit für höhere Schulden im Rahmen des Grundgesetzes zu ermöglichen. Die Gesetzentwürfe wurden zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen, die Anträge an den Ausschuss für Bau und Kommunen.

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