Letzte Sitzungswoche des Jahres : Das wird diese Woche im Bundestag wichtig
Regierungserklärung, Ukraine-Verhandlungen, die Wahl-Einsprüche und das Standortfördergesetz. Das sind einige der wichtigsten Themen, über die das Plenum berät.
Inhalt
Die letzte Sitzungswoche des Jahres 2025 beginnt am Mittwoch ab 14 Uhr mit der Regierungsbefragung, bei der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den Abgeordneten Rede und Antwort stehen wird - es ist das zweite Mal seit seiner Wahl.
Beim folgenden Tagesordnungspunkt muss der Kanzler wieder ran. Merz wird eine Regierungserklärung zum Europäischen Rat am 18. und 19. Dezember 2025 in Brüssel abgeben. Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten wird die Lage in der Ukraine sowie im Nahen Osten eine Rolle spielen. Der Europäische Rat wird sich auch mit dem Mehrjähriger Finanzrahmen der EU (MFR) von 2028 bis 2034 befassen. Weitere Themen sind Migration, die EU-Erweiterung sowie Geoökonomie und Wettbewerbsfähigkeit.
Linke will in Aktueller Stunde über Lehren aus dem Armuts- und Reichtumsbericht sprechen
Auf Verlangen der Linksfraktion folgt am Mittwochabend eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Lehren aus dem Siebten Armuts- und Reichtumsbericht ziehen – Armut bekämpfen, Reichtum besteuern“. Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass der Median der Nettovermögen, also die Grenze zwischen oberer und unterer Hälfte, 2023 bei 103.200 Euro lag. Um zu den vermögendsten zehn Prozent der Haushalte in Deutschland zu gehören, war 2023 ein Nettovermögen von rund 780.000 Euro nötig.
Weitere Themen am Mittwoch sind ein AfD-Antrag, der sich gegen jede Form von Chatkontrolle wendet, die Forderung der Bundesregierung nach Verlängerung des Bundeswehreinsatzes gegen den „Islamischen Staat“ sowie die von den Linken angeregte Ausweitung des Elterngeldes auf den zweiten Elternteil.
Die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Bundespolizeigesetzes steht am Donnerstag auf der Tagesordnung. Der dazu vorgelegte Gesetzentwurf wird in erster Lesung beraten. Über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses diskutieren die Abgeordneten im Anschluss. Die Forderung kommt von der AfD-Fraktion. Der Ausschuss soll „mögliche parteipolitische Beeinflussung durch steuerfinanzierte Nichtregierungsorganisationen“ untersuchen.
Vereinbarte Debatte zur Konstituierung des ersten gesamtdeutschen Bundestages
Vor 35 Jahren – genau gesagt am 20. Dezember 1990 - hat sich der erste gesamtdeutsche Bundestag konstituiert. Das Jubiläum ist der Anlass für eine einstündige sogenannte „Vereinbarte Debatte“. Die Forderung der Grünen nach einem Demokratiefördergesetz wird im Anschluss beraten.
Bei einer Aktuellen Stunde geht es am Donnerstag um die „Ergebnisse des Berliner Ukraine-Gipfels“. Die Koalitionsfraktionen haben die Aufsetzung der Debatte beantragt. Seit dem vergangenen Wochenende beraten Vertreter europäischer Regierungen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Unterhändlern des amerikanischen Präsidenten Donald Trump über gemeinsame Vorschläge für Friedensverhandlungen mit Russland.
Am Donnerstag wird auch über zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung abgestimmt. Zum einen über die Novelle des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes, zum anderen über eine Änderung des Produktsicherheitsgesetzes.
Änderungen am Luftsicherheitsgesetz und Medizinal-Cannabisgesetz sind Thema
In erster Lesung berät das Parlament am gleichen Tag unter anderem über die Änderung des Luftsicherheitsgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes. Außerdem entscheidet der Bundestag über die vom „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) geforderte Neuauszählung der Stimmen der Bundestagswahl im Februar. Das BSW war mit einem Zweitstimmenanteil von 4,981 Prozent denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Auf verbesserte Rahmenbedingungen für Unternehmen und den Abbau von Investitionshemmnissen zielt das Standortfördergesetz der Bundesregierung ab, über das am Freitagmorgen debattiert und abgestimmt wird. Abgestimmt wird später noch über die Umsetzung von EU-Vorgaben im Wettbewerbsrecht. Dieses Ziel verfolgt der Regierungsentwurf „zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“.
Weitere Debatten am Freitag gibt es zu Oppositionsanträgen. Dabei geht es um die Erbschaftssteuer (Antrag der Linken), die Syrienpolitik (Antrag der Grünen) und die Transatlantische Partnerschaft (Antrag der AfD). Den Abschluss des Sitzungstages und damit auch des Sitzungsjahres 2025 bildet die von der AfD verlangte Aktuelle Stunde mit dem Titel “Digital Services Act abschaffen – Keine Einschränkung der Meinungsfreiheit im digitalen Raum durch die EU”. Die Sitzungswoche umfasst aktuell 41 Tagesordnungspunkte.
Regierungserklärung: Kanzler Merz zwischen Ukraine-Verhandlungen und Europäischem Rat
Über einen Mangel an Beschäftigung kann sich der Bundeskanzler in dieser Woche wahrlich nicht beklagen. Seit dem Wochenende ist Friedrich Merz im Bundeskanzleramt Gastgeber verschiedenster Verhandlungsrunden zur Beendigung des Ukraine-Krieges.
Am Mittwoch muss der Kanzler von der außenpolitischen Bühne den Weg in die Niederungen der Innenpolitik finden. Bei seiner Regierungserklärung geht es zwar formal um das Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten zum Europäischen Rat am Donnerstag und Freitag in Brüssel. Gleichwohl bietet die Regierungserklärung in der letzten Sitzungswoche des Jahres die Gelegenheit, darüber zu sprechen, was die neue Bundesregierung erreicht hat und was noch zu tun ist. Merz dürfte ersteres in den Vordergrund stellen.
Bei der sich anschließenden Aussprache wird die Opposition den von Merz angekündigten „Herbst der Reformen“ in den Blick nehmen. Auch wenn Grüne und Linke auf der einen Seite und die AfD auf der anderen Seite ganz unterschiedliche Vorstellung von benötigten Reformen haben, sind sie sich doch einig in der Bewertung, dass den Ankündigungen bislang noch nicht allzu viel Handeln gefolgt ist.
NGOs: Initiativen von AfD und Grünen gehen in entgegengesetzte Richtungen
Der AfD sind die Aktivitäten vieler Nichtregierungsorganisationen (NGO), die mit Steuergeldern finanziert werden, ein Dorn im Auge. Nicht zuletzt, weil sich deren Tun vielfach gegen die Partei selbst richtet, die vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistischer Verdachtsfalle“ eingestuft wird. Mitte des Jahres hatte die AfD daher einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Finanzierung von politischen Nichtregierungsorganisationen aus öffentlichen Mitteln verbieten sollte. Über die erste Lesung ist das Gesetzgebungsverfahren bislang nicht hinausgekommen. Nun fordert die Fraktion einen Untersuchungsausschuss, der sich mit der „möglichen parteipolitischen Beeinflussung durch steuerfinanzierte Nichtregierungsorganisationen“ befassen soll. Am Donnerstag berät der Bundestag darüber, um wenig später das Thema „Zivilgesellschaft“ erneut aufzugreifen.
Diesmal geht es um einen Antrag der Grünen, die ebenjene Zivilgesellschaft, worunter auch die von der AfD kritisierten NGOs verstanden werden, stärken und schützen will. Dazu braucht es aus Sicht der Fraktion ein Demokratiefördergesetz, dass die Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit zur Demokratieförderung, die Verteidigung einer vielfältigen Gesellschaft, die Prävention von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und die politische Bildung als staatliche Daueraufgabe von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung festschreibt.
Aktuelle Stunde am Donnerstag: Was haben die Berliner Ukraine-Verhandlungen gebracht?
Gibt es vor Weihnachten noch eine Einigung im Ukraine-Krieg, durch die die Waffen schweigen? Tagelang haben in Berlin Ukrainer, Europäer und Vertreter der US-Regierung über eine mögliche Friedenslösung beraten. Herausgekommen ist die Idee einer multinationalen Truppe, die von Europa geführt und den USA unterstützt werden soll, die über die Einhaltung des zu treffenden Abkommens wachen soll. Doch: Werden die USA der Ukraine im Falle einer neuen russischen Aggression tatsächlich militärisch beispringen? Eine offene Frage.
Unklar ist auch nach wie vor, inwieweit der ukrainische Präsident Selenskyj den von Russland geforderten und in einem ersten Friedenplan der USA auch enthaltenen Gebietsabtretungen zustimmt. Bei einer Aktuellen Stunde berät der Bundestag am Donnerstag über die aktuelle Lage und die Frage: Was kann Deutschland beitragen? Von einem Einsatz der Bundeswehr in der Ukraine ist derzeit nicht die Rede. Stattdessen soll die Ukraine finanziell unterstützt werden, um wehrfähiger zu werden.
Forderung nach Neuauszählung der Bundestagswahl: Dem BSW fehlen nur 9.529 Stimmen
Knapp 10.000 Stimmen fehlten dem „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) bei der Bundestagswahl im Februar, um in das Parlament einzuziehen. Mit einem Zweitstimmenanteil von 4,981 Prozent scheiterte das BSW denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Partei hat im April Einspruch gegen das Wahlergebnis eingelegt und eine Neuauszählung der Stimmen gefordert. Sie bezweifelt die Korrektheit des vorläufigen sowie des amtlichen Endergebnisses, da es zu zahlreichen Auszählungsfehlern gekommen sei, welche trotz erkennbarer statistischer „Anomalien“ im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses nicht umfassend korrigiert worden seien. Gemeint ist der Anteil ungültiger Stimmen, der aus Sicht des BSW mit 0,6 Prozent zu hoch sei und zudem zwischen den Ländern deutlich variiere. Schon das amtliche Endergebnis beinhalte gegenüber dem vorläufigen Endergebnis insgesamt 6.087 zusätzliche gültige Stimmen, heißt es im Einspruch der Partei.
Die Relevanz des Themas ergibt sich vor allem daraus, dass bei einer möglichen Neuauszählung mit einem eventuell über fünf Prozent liegenden Stimmanteil des BSW sich die Zusammensetzung des Bundestages derart ändern würde, dass die schwarz-rote Koalition keine Mehrheit mehr hätte. Die den Abgeordneten für die Abstimmung am Donnerstag vorliegende Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses sieht allerdings die Zurückweisung der Einsprüche „wegen Unbegründetheit“ vor. Parteigründerin Wagenknecht hatte angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht auf Neuauszählung klagen zu wollen.
Abstimmung über Standortfördergesetz am Freitag: Mit privatem Kapital aus der Rezession
Um aus der wirtschaftlichen Rezession herauszukommen, braucht es Wachstum. Um Wachstum zu generieren, werden neben öffentlichen Mitteln auch private Investitionen benötigt. Mit dem Standortfördergesetz, das am Freitagmorgen zur Abstimmung steht, sollen Impulse für private Investitionen gesetzt und unnötige Bürokratiekosten abgebaut werden.
Ziel ist es, die Finanzierungsbedingungen insbesondere von jungen, dynamischen Unternehmen zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts zu stärken. Zudem soll das Gesetz mehr Möglichkeiten schaffen, damit insbesondere Investmentfonds verstärkt in erneuerbare Energien und Infrastruktur investieren können. Bei einer Expertenanhörung des Finanzausschusses gab es viel Lob für die Vorlage – insbesondere von Seiten der Finanzwirtschaft.