
Innen-Etat steigt : Dobrindt preist Migrationswende und Etataufwuchs beim Zivilschutz
Die Regierung will die Sicherheitsbehörden und Zivilschutz stärken. Beherrschendes Thema der Bundestagsdebatte über den Innen-Etat ist indes die Migrationspolitik.
Eine deutliche Stärkung der Sicherheitsbehörden sowie des Bevölkerungs- und Zivilschutzes sieht der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2025 für den Etat des Bundesinnenministeriums vor, bei einem Ausgabenvolumen von insgesamt gut 15,17 Milliarden Euro - knapp 1,83 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr. Gleichwohl beherrschte am Donnerstag bei der ersten Lesung der Etatvorlage im Bundestag einmal mehr auch die Migrationspolitik der Bundesregierung die Debatte.
Gleich deren Beginn nutzte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Verteidigung seines Vorgehens in diesem Bereich: "Wir machen aus der Migrationswelle eine Migrationswende", sagte der Ressortchef. So sei die Zahl der Asylerstanträge im Juni dieses Jahres unter die Marke von 7.000 gesunken. Das seien 60 Prozent weniger als im Vorjahr. "Die Migrationswende wirkt", bilanzierte Dobrindt. Erstmals liege Deutschland in Europa nicht mehr auf "Platz eins der Zielländer für die illegale Migration", sondern auf dem dritten Platz. Dies sei ein Erfolg der Maßnahmen der Bundesregierung.
Kritik an den Grenzkontrollen kommt von Rechts und Links
Gottfried Curio (AfD) kritisierte dagegen, von der vor der Bundestagswahl angekündigten Migrationswende sei "nichts mehr übrig". So gebe es mehrere tausend Asylanträge pro Monat, "aber nur zwei Prozent Asyl-Zurückweisungen". Die nur stichprobenartige Kontrolle an den Grenzen sei unzureichend und reine Symbolpolitik. Weitere "Einfallstore" wie die Einreise von Asylbewerbern per Flugzeug blieben offen. Dies sei keine "Wende zum Besseren", fügte Curio hinzu. Benötigt werde "jedes Jahr eine Minus-Zuwanderung Hunderttausender".

„Wir machen aus der Migrationswelle eine Migrationswende.“
Auf Kritik aus anderer Richtung stießen die Grenzkontrollen bei Grünen und Linken. Leon Eckert (Grüne) monierte, die "Grenzkontrollen für gute Fotos" führten zu stundenlangen Staus, Bahnverspätungen, ökonomischen Schäden in der Grenzregion, Überstunden und Überlastungen bei Bundespolizisten sowie Berichten über Racial Profiling.
Dietmar Bartsch (Linke) warf dem Minister vor, mit Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen den Grundsatz ausgehebelt zu haben, dass die Betroffenen erst einmal ein Verfahren bekommen müssten. Der Ressortchef führe die Bundespolizei "in rechtlich wirklich fragwürdiges Fahrwasser".
Günter Krings (CDU) verteidigte die Kontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen gegen die Oppositionskritik. Schritt für Schritt setze man hier auch das Rechtsprinzip durch, dass Asylanträge innerhalb Europas "nicht irgendwo, sondern im Ersteinreisestaat zu stellen sind". Dies sei die "unverzichtbare Geschäftsgrundlage des Schengen-Raums", sagte er. Wer dieses Prinzip verteidige wie jetzt die Regierungskoalition, verteidige damit eine "zentrale Errungenschaft der Europäischen Union". Wer seine Durchsetzung dagegen politisch angreife, stelle "letztlich das Europa der offenen Binnengrenzen in Frage".
Schwarz-Rot will bei Zivilschutz und Sicherheitsbehörden aufrüsten
Nachdrücklich lobte Krings zugleich den Etatentwurf des Bundesinnenministeriums (BMI), der für "Sicherheit, Schutz und Stabilität" stehe. Die Koalition rüste die Sicherheitsbehörden konsequent auf und stärke massiv den Bevölkerungsschutz. Dies seien wohlüberlegte und gut begründete Investitionen in die Gefahrenabwehr und Sicherheit des Landes.
Dobrindt sagte, die Regierung wolle die "Zeitenwende" auch in der inneren Sicherheit neu formulieren: "Wir rüsten auf beim Bevölkerungsschutz, beim Zivilschutz". So würden die Mittel beim Technischen Hilfswerk (THW) für das nächste Jahr um 50 Prozent erhöht und beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) verdreifacht. Auch wolle die Regierung einen "Cyberdome für Deutschland schaffen".
Martin Gerster (SPD) verwies auf die Grundgesetzänderung mit der "Bereichsausnahme von der Schuldenbremse für den Zivil- und Bevölkerungsschutz, für die Nachrichtendienste, den Digitalfunk und den Schutz unserer IT-Systeme". Dies führe dazu, dass die Koalition beim Thema Sicherheit und Integration "richtig durchstarten" könne.
So steige die Mittelausstattung für das Bundeskriminalamt (BKA) im Vergleich zum vergangenen Jahr um knapp 170 Millionen Euro an und werde erstmals über einer Milliarde Euro liegen, sagte Gerster. Die Bundespolizei erhalte 1.000 neue Stellen, und ihr Etat steige im Vergleich zu 2024 um eine dreiviertel Milliarde Euro. Der BBK-Haushalt steige ebenfalls deutlich an. Sehen lassen könne sich auch der Ansatz für das THW. Der "ganz große Entwurf für zivile Verteidigung" und die Sanierung maroder Unterkünfte der THW-Ortsverbände sei indes noch ausgeblieben.
Grüne: Der Innen-Etat bietet eine “exzellente Ausgangslage für Sicherheit im Land”
Für die Grünen konstatierte Eckert, dass der BMI-Haushalt im Vergleich zum Vorjahr eine deutliche Steigerung aufweise. Diesen Aufwuchs machten insbesondere die Stärkung der Sicherheitsbehörden und die Mittel für den Zivilschutz aus. Dank der gemeinsam beschlossenen Schuldenbremse-Reform biete das Budget eine "exzellente Ausgangslage für Sicherheit in unserem Land". Die Taten der Regierung in den ersten zwei Monaten ihrer Amtszeit ließen jedoch daran zweifeln, ob sie in der Lage sei, "aus dieser Chance wirklich etwas für mehr Sicherheit" zu erreichen.
Bartsch fand es "nicht nur gut", dass der Etat so groß sei wie noch nie. Neben guten Aspekten gebe es auch "tief problematische", wenn etwa bei der Bundespolizei fast doppelt so viel Geld für Waffen ausgegeben werde wie vor zwei Jahren. Dass Dobrindt sogar von Aufrüstung spreche, sei inakzeptabel, kritisierte der Linken-Abgeordnete. Dobrindts Haushalt sei für die Bürger eine Kostenfalle und setze falsche Prioritäten.
Jeder dritte Euro des BMI-Etats fällt bei der Bundespolizei an
Dem Etatentwurf zufolge fällt ein Großteil der BMI-Ausgaben in diesem Jahr mit 4,94 Milliarden Euro erneut bei der Bundespolizei an. Im Jahr 2024 lag das Soll der Gesamtausgaben für die Bundespolizei noch bei 4,19 Milliarden Euro. Das BKA kann laut Vorlage im Vergleich zum Soll 2024 mit einer Ausgabensteigerung um 169 Millionen Euro auf 1,04 Milliarden Euro in 2025 rechnen. Die Gesamtausgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) steigen den Regierungsplänen zufolge 2025 im Vergleich zum Soll 2024 um 108 Millionen Euro auf 577 Millionen Euro.
Beim BBK ist im Vergleich zum Soll 2024 in der Regierungsvorlage für das Jahr 2025 ein Ausgabenzuwachs um 168 Millionen Euro auf 336 Millionen Euro eingeplant. Die Gesamtausgaben des THW steigen danach um 45 Millionen Euro auf 446 Millionen Euro in 2025.
Mehr zum Haushalt 2025

Während die Koalition den Mittelaufwuchs als starkes Signal für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur sieht, beklagt die Opposition gebrochene Versprechen.

Mehr Wohnraum und neue Wohnformen sollen laut Ministerin Hubertz den angespannten Wohnungsmarkt beruhigen. Die Opposition beklagt jedoch falsche Prioritätensetzung.

Plant die Bundesregierung im Haushalt 2025 zu starke Einschnitte bei den Mitteln für Entwicklungshilfe? Timot Szent-Iványi und Manfred Schäfers im Pro und Contra.