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Etat für Justiz und Verbraucherschutz : Die Nachbarn sollen hinschauen

Die Koalition fördert im Justiz-Etat Initiative gegen Partnerschaftsgewalt. Der Linken geht das jedoch nicht weit genug: Sie fordert einen "Masterplan gegen Gewalt".

28.11.2025
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4 Min
Foto: picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini

187.715 Frauen wurden 2024 Opfer von häuslicher Gewalt, ein Anstieg um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Einsatz von Vergewaltigungsdrogen soll härter bestraft werden. Das ist zumindest der Plan der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Stefanie Hubig (SPD), den sie Anfang dieser Woche vorstellte. Aktuell gilt der Einsatz von K.-o.-Tropfen bei Sexual- oder Raubdelikten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht als Einsatz eines "gefährlichen Werkzeugs", damit gelten in diesen Fällen nicht die höheren Mindestfreiheitsstrafen. 

Hubig will das ändern und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen: Wer K.-o.-Tropfen einsetzt, um zu vergewaltigen oder zu rauben, soll mindestens fünf Jahre in Haft. Eine solche Initiative hatte der Bundesrat bereits in Gesetzesform gegossen.

Koalition will elektronische Fußfessel für Gewalttäter einführen

Hubig stellte ihr Vorhaben anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen am Dienstag vor. Es reiht sich ein in diverse Pläne der Koalition, Gewalt vor allem gegen Frauen härter zu verfolgen. So wollen Union und SPD etwa die elektronische Fußfessel für Gewalttäter einführen und bei Fragen des Sorge- und Umgangsrechts Gewalt in Partnerschaften künftig stärker berücksichtigt wissen. 

"Wir wollen uns das Thema ,häusliche Gewalt' vorknöpfen", sagte die Ministerin im Bundestag am Donnerstag, als sie mit den Abgeordneten abschließend über den Etat 2026 ihres Ministeriums debattierte, und zeigte sich dankbar, "dass wir in diesem Haushalt vieles erreichen konnten, um das Thema weiter anzugehen".


Svenja Schulze im Porträt.
Foto: Photothek Media Lab
„Häusliche Gewalt ist niemals Privatsache, häusliche Gewalt ist eine Straftat.“
Svenja Schulze (SPD)

Hubigs Etat ist ein klassischer Verwaltungshaushalt. Mit 1,21 Milliarden Euro liegen die geplanten Ausgaben im kommenden Jahr etwa 50,24 Millionen Euro über dem Ansatz im Regierungsentwurf und ungefähr um denselben Betrag über dem Ansatz des laufenden Jahres. Grund hierfür ist vor allem, dass mit diesem Haushalt die bislang noch nicht in den Einzelplänen abgebildeten neuen Zuständigkeiten und Zuschnitte der Ministerin abgebildet werden - und damit auch der Verbraucherschutz in Hubigs Etat gewandert ist.

Fördermittel für die Sanierung von Frauenhäusern vorgesehen

Die Stellschrauben für die Abgeordneten sind also klein. Aber sie seien genutzt worden, betonte für die SPD-Fraktion Svenja Schulze in der Debatte. Sie hob unter anderem hervor, dass im Haushalt für die nächsten Jahre insgesamt 2,4 Millionen Euro für die Einrichtung einer bundesweiten Transfer- und Koordinierungsstelle für die Initiative "StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt" zur Verfügung gestellt werden. Die Initiative zeige in Nachbarschaften, in Schulen und Vereinen, wie alle helfen könnten, wenn es darauf ankomme. "Häusliche Gewalt ist niemals Privatsache, häusliche Gewalt ist eine Straftat", sagte die Sozialdemokratin. Sie verwies zudem auf die im Infrastruktur-Sondervermögen vorgesehenen Fördermittel für die Sanierung von Frauenhäusern. Das sei ein "ganz wichtiges Signal".

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Aus Sicht von Sascha Wagner (Die Linke) reicht das aber alles nicht. Die angekündigten Investitionen erstreckten sich über elf Jahre. "Das heißt für viele Gewaltbetroffene: Heute bleibt die Tür geschlossen. Heute finden sie keinen Platz. Heute bleiben sie in Gefahr", kritisierte der Abgeordnete. Er forderte unter anderem einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Schutzplatz und einen "Masterplan gegen Gewalt".

Für die AfD-Fraktion mahnte Mirco Hanker einen Perspektivwechsel in der Justiz an. Zu häufig stehe der Täter im Mittelpunkt, sagte der Abgeordnete. "Menschen, die Opfer schlimmster Gewalttaten geworden sind, fühlen sich oft vor Gericht unverstanden, vorgeführt und erneut als Opfer", sagte Hanker und forderte ein "klares Bekenntnis zu den Opfern und zur Rechtssicherheit, damit die Menschen ihr verlorengegangenes Vertrauen in Staat und Institutionen wiederfinden".

Für die Unionsfraktion ging Uwe Feiler (CDU) auf Änderungen der Koalition im Verbraucherschutzbereich ein. Unter anderem hatte die Koalition insgesamt 3,9 Millionen Euro für die nächsten Haushaltsjahre in den Haushalt für eine Online-Schuldnerberatung eingestellt. "Mit der Online-Schuldnerberatung schaffen wir ein Angebot, das insbesondere junge Menschen dort erreicht, wo sie unterwegs sind: im digitalen Raum", sagte der Christdemokrat. Auch die von der AfD-Fraktion kritisierte Aufstockung der Mittel für die Stiftung Forum Recht verteidigte Feiler: "Wir unterstützen diejenigen, die Demokratie und Rechtsstaat vermitteln und damit stärken."

Grüne mit Grundsatzkritik an Union und SPD

Grundsätzliche Kritik an der Rechtspolitik der Koalition übte Helge Limburg (Bündnis 90/Die Grünen). Mit Verweis auf die Pläne von Union und SPD etwa zur IP-Speicherung und Telefonüberwachung sprach der Abgeordnete davon, dass die Koalition mit dem "Bulldozer" über die Freiheitsrechte in diesem Land fahren wolle, und kündigte dagegen Widerstand der Grünen an. Zudem warf er der Koalition vor, den Rechtsstaat durch ihr Handeln zu beschädigen. Er verwies dabei auf die rechtlich umstrittenen Grenzkontrollen, die Aufnahme von in Pakistan festsitzenden Ortskräften aus Afghanistan und die verkorkste Richterwahl im Sommer dieses Jahres.

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