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Foto: DBT/Sylvia Bohn
Die Sitzungswoche startet am Mittwoch um 13 Uhr mit der Regierungsbefragung. Am Nachmittag soll es angesichts von zwei Jahren Gaza-Krieg um die Chance auf Frieden in Nahost gehen.

Vorschau auf die Sitzungswoche : Was diese Woche im Bundestag wichtig wird

Das Staatsangehörigkeitsrecht, das Gemeinsame Europäische Asylsystem, das Tariftreuegesetz und der „Bau-Turbo“: Das sind einige der wichtigsten Themen im Plenum.

07.10.2025
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6 Min

Am Mittwoch startet die Sitzungswoche mit der eineinhalbstündigen Regierungsbefragung. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) und Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) stehen dabei den Abgeordneten Rede und Antwort. Nach der sich anschließenden Fragestunde findet auf Antrag der Koalition eine Aktuelle Stunde anlässlich des am 7. Oktober 2023 – also vor zwei Jahren - stattgefundenen Überfalls der Terrororganisation Hamas auf Israel statt.

Abgestimmt wird am Mittwoch über den Regierungsentwurf zur Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts. Apropos Regierungsentwurf: Insgesamt 21 Gesetzentwürfe der Bundesregierung berät das Parlament in dieser Woche – 17 davon in erster Lesung. Nummer 18 wurde indes am Montag unter geräuschvoller medialer Begleitung wieder von der Tagesordnung genommen: Beim Wehrdienst-Modernisierungsgesetz sind Union und SPD offenkundig noch so weit auseinander, dass die Differenzen wohl nicht im Rahmen der Ausschussberatungen hätten beseitigt werden können. 

Erste Beratung über nationale Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

Der Donnerstag startet auch mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung: Beim GEAS-Anpassungsgesetz geht es um die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Stichwort Asyl und Migration: Ebenfalls am Donnerstag wird ein Antrag der AfD beraten, der einen Aufnahmestopp für Syrer fordert. 

Situation in der Pflege

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Zur Abstimmung steht am Donnerstag der Regierungsentwurf zur Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung an. Wenige Tage nach dem 3. Oktober debattiert der Bundestag auf Antrag der Linken zum Thema: „35 Jahre Deutsche Einheit - Gleichwertige Lebensverhältnisse“. Weitere Themen am Donnerstag sind das im „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz“ geplante Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Lachgas, die Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung und das SGB VI-Anpassungsgesetz zur Modernisierung der Sozialverwaltung. 

Das Tariftreuegesetz der Bundesregierung soll am Freitagvormittag in erster Lesung beraten werden. Ein Grünen-Antrag mit der Forderung, Investitionen in die Erweiterung des Schienennetzes sicherzustellen, steht an dem Tag ebenso auf der Tagesordnung wie das Vorhaben der Regierung, die Stromkosten zu senken, indem die Übertragungsnetzbetreiber einen staatlichen Zuschuss erhalten. Die Tagesordnung umfasst derzeit 43 Punkte.

Aktuelle Stunden zu zwei Jahren Gaza-Krieg, "Chatkontrolle" und Industriepolitik geplant

Seit am 7. Oktober 2023 Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Hamas von Gaza aus in Israel eingefallen sind und mehr als 1.200 Israelis getötet sowie 251 Geiseln genommen haben, herrscht Krieg in Gaza. Die israelische Armee nimmt Gaza unter Beschuss – vom Land und aus der Luft – um das Ende der Hamas zu erzwingen und die Geiseln zu befreien. Trotz massiver Zerstörungen, die zu viel Leid in der Zivilbevölkerung Gazas führen, sind bislang aber weder alle Geiseln befreit, noch ist die Hamas geschlagen. 

Bericht von vor Ort

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Dennoch gibt es nun Hoffnung auf Frieden. Basis dafür ist ein Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, der sowohl bei Israel als auch bei vielen arabischen Staaten auf Unterstützung trifft. Über diese Hoffnung und die Frage, welche Rolle Deutschland und Europa in der Region künftig spielen können, soll es am Mittwochnachmittag in der Aktuellen Stunde gehen. 

Für Donnerstag angesetzt ist eine von der AfD-Fraktion verlangte Aktuelle Stunde mit dem Titel “Deutsches Nein zur EU-Chatkontrolle" sowie für Freitagnachmittag eine Aktuelle Stunde auf Verlangen der Linksfraktion mit dem Titel “Soziale und ökologische Industriepolitik – Arbeitsplätze schützen, Zukunft gerecht gestalten.”

Staatsbürgerschaftsrecht: Abstimmung über das Ende der „Turbo-Einbürgerung“

Als die Ampelkoalition im März 2024 die „Turbo-Einbürgerung“ beschlossen hatte, schäumte die Union vor Wut. SPD, Grüne und FDP hatten die Einbürgerungsfristen deutlich verkürzt. Schon nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland sollte bei „besonderen Integrationsleitungen“ die Einbürgerung erfolgen können. Von einer Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft war bei der Union seinerzeit die Rede. Und davon, diese Regelung im Falle einer CDU/CSU-geführten Bundesregierung sofort wieder einzukassieren. 

Danach sieht es nun aus. Am Mittwoch soll über die erneute Reform des Staatsbürgerschaftsrechts abgestimmt werden, der zufolge für die Einbürgerung künftig generell eine Voraufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren zugrunde gelegt werden soll.

Mit dem „Bau-Turbo“ zu mehr Wohnraum?

In Deutschland fehlt es an Wohnraum – vor allem in Ballungsräumen. Der Befund ist nicht neu, die Gründe dafür vielfältig. Schon die vorherige Bundesregierung wollte gegen die Wohnungsknappheit ankämpfen und 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen. Erreicht wurde dieser Wert nie. Stattdessen sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar. 

Nun soll ein „Bau-Turbo“ gezündet werden. Erlaubt werden soll durch das am Donnerstagnachmittag zur Abstimmung stehende Gesetz ein Abweichen von bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Wenn eine Kommune sich entscheidet, diesen „Bau-Turbo“ anzuwenden, können zusätzliche Wohnungen bereits nach einer zweimonatigen Prüfung durch die Gemeinde zugelassen werden. Aufstellungen oder Änderungen von Bebauungsplänen sollen dann nicht mehr notwendig sein. 

Länder sollen 100 Milliarden Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen erhalten

500 Milliarden Euro umfasst das schuldenfinanzierte Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. Eine Woche vor der Konstituierung des 21. Bundestages hatte der „alte Bundestag“ für die entsprechende Grundgesetzänderung den Weg freigemacht. 100 Milliarden Euro aus diesem Sondervermögen sollen den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Um den neu eingefügten Artikel 143h Absatz 2 des Grundgesetzes einfachgesetzlich umzusetzen, hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Länder- und Kommunal-Infrastrukturgesetz auf den Weg gebracht, über den der Bundestag am Donnerstag abstimmt. Benötigt wird die einfache Mehrheit. 

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Was aber bringen die 100 Milliarden Euro – gestreckt über zehn Jahre – den Kommunen? Nicht allzu viel offenbar, wenn man die Aussagen der Kommunalvertreter während einer Expertenanhörung des Haushaltsausschusses zugrunde legt. Von einer „punktuellen Milderung der kommunalen Finanzkrise“ war dort die Rede - ebenso wie von einem „Tropfen auf einen heißen Stein“. Investitionsmittel lösten nicht das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der kommunalen Ebene, machte der Kämmerer der Stadt Frankfurt am Main, Bastian Bergerhoff, bei der Anhörung deutlich. Nötig sei neben einer Neustrukturierung der gesamtstaatlichen Finanzarchitektur insbesondere eine echte Konnexität, die Vermeidung von ineffizienten Aufgabenverteilungen und der Abbau von bürokratischen Hemmnissen.

Faire Wettbewerbsbedingungen statt Lohndumping: Erste Lesung des Tariftreuegesetzes

Der Bund will in Sachen Tariftreue Vorbild sein. Als großer Auftraggeber – beispielsweise bei kostenintensiven Infrastrukturprojekten – will er künftig öffentliche Aufträge nur noch an jene Unternehmen vergeben, die sich an Tarifverträge halten. Das gilt auch für die von den Unternehmen wiederum beauftragten Subunternehmen. Mit dem am Freitagvormittag in erster Lesung zu beratendem Gesetzentwurf  sollen Lohndumping verhindert und faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Die Einhaltung der Tariftreue soll „anlassbezogen“ durch eine neu einzurichtende Prüfstelle Bundestariftreue bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See kontrolliert werden. 

Was das mit dem von der Bundesregierung proklamierten Bürokratieabbau zu tun hat? Gar nichts, sagen Arbeitgeberverbände und verweisen auf die Problematik um die Nachweispflicht bei Subunternehmern. Sie beklagen zudem einen Eingriff in die Tarifautonomie. Diese Kritik teilen die Gewerkschaften selbstredend nicht. Sie stört vielmehr, dass die Pflicht, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einzuhalten, erst bei öffentlichen Aufträgen des Bundes ab einem Volumen von 50.000 Euro gelten soll. 

Grüne wollen Lkw-Maut-Einnahmen weiter für Schieneninfrastruktur eingesetzt wissen

Die Deutsche Bahn AG hat eine neue Führungsspitze, durch das Sondervermögen steht jede Menge Geld für den Infrastrukturausbau zur Verfügung, die Generalsanierungen an den Hauptverbindungsstrecken der Bahn werden fortgeführt. Aus Sicht der Grünen stellt sich die Zukunft der Bahn dennoch alles andere als rosig dar. Schließlich habe die Bundesregierung eingeräumt, „dass die mittelfristige Finanzplanung nicht mit den finanziellen Bedarfen des Bedarfsplans Schiene mithält und ab 2027 eine Finanzierungslücke in Höhe von etwa 300 Millionen Euro entsteht, die sich bis 2029 auf annähernd 1,5 Milliarden Euro vergrößert, heißt es in einem Antrag der Fraktion, der am Freitag beraten wird. Damit, so die Grünen, bleibe eine Absicherung des Ausbaus des Schienenverkehrs „trotz Einrichtung eines Sondervermögens“ weiterhin aus. 

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Schwer im Magen liegt der Fraktion auch, dass die Bundesregierung, angetrieben von der Union, zurück zum Finanzierungskreislauf Straße will. Das Prinzip „Straße finanziert Straße“ hatten die Grünen als Teil der Ampelkoalition erst in der vergangenen Legislaturperiode beendet und festgeschrieben, dass Einnahmen aus der Lkw-Maut für die Schieneninfrastruktur eingesetzt werden können. Ob die aktuelle Regierungskoalition tatsächlich eine Rolle rückwärts in dieser Frage plant, könnte bei der Debatte deutlicher werden. 

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