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Christian Haase im Interview : "Es wird schwer werden"

Der Haushaltsexperte weist Kritik am Infrastruktur-Sondervermögen zurück – und sieht erhebliche Herausforderungen beim Haushalt 2027 auf die Abgeordneten zukommen.

28.11.2025
True 2025-11-28T11:33:20.3600Z
5 Min

Der Bundestag beschließt nun innerhalb weniger Wochen den zweiten Haushalt. Wie bewerten Sie als Chefhaushälter der Unionsfraktion den Etat für das nächste Jahr?

Christian Haase: Es ist im Grunde eine nahtlose Fortsetzung des Haushalts für 2025. Wir haben die gleichen Hauptthemen: innere und äußere Sicherheit sowie das Anreizen von Wirtschaftswachstum. Wir nehmen dafür viel Geld in die Hand: zum einen durch Steuererleichterungen und Maßnahmen bei den Energiepreisen. Damit werden Unternehmen, aber auch Privatleute entlastet. Das noch teurere Thema ist aber die innere und insbesondere die äußere Sicherheit.

Im Haushalt 2026 sollen mehr als 100 Milliarden Euro aus dem Verteidigungshaushalt und dem Sondervermögen fließen ...

Christian Haase: Das ist eine Riesenaufgabe, die das Ministerium zu bewältigen hat. Es geht ja nicht darum, das nur in den Haushalt reinzuschreiben. Das Material muss auch in den Kasernen stehen.

Foto: picture alliance/SZ Photo/Jens Schicke

Christian Haase ist haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Der Christdemokrat sitzt seit 2013 im Bundestag.

Mit dem Abfluss der Mittel hat es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gegeben, sowohl bei Investitionen als auch bei der militärischen Beschaffung. Sind Sie hoffnungsfroh, dass das jetzt besser laufen wird?

Christian Haase: Da muss man unterscheiden. Wir hatten damit gerade bei Investitionen im Verkehrsbereich Probleme. In den letzten Jahren hat es durch Änderungen im Planungsrecht aber eine Trendumkehr gegeben. Deswegen hatten wir jetzt auch die Diskussion, ob überhaupt noch neue Bauprojekte begonnen werden können. Die Einigung vom Koalitionsausschuss am 8. Oktober, noch einmal drei Milliarden Euro zusätzlich für den Verkehrsbereich bereitzustellen, haben wir im Haushalt umgesetzt. Damit haben wir für die Straßen, Schienen und Wasserstraßen jetzt ausreichend Mittel für die nächsten Jahre. Im Verteidigungsbereich sieht das anders aus.

Inwiefern?

Christian Haase: Es baut sich quasi parallel eine Verteidigungsindustrie zu dem starken Anstieg der Verteidigungsausgaben auf. Aber die Säule der verfügbaren Mittel ist deutlich größer als das, was die Industrie kurzfristig und schnell liefern kann. Man muss sich darauf einstellen, dass im Verteidigungsetat Mittel eingeplant werden, die liegen bleiben, weil das Material einfach nicht lieferbar ist oder die Lieferung länger dauert.

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Die kriselnde Beschaffung der Fregatte 126 ist so ein Beispiel dafür. Im Haushalt sind jetzt Milliarden für eine mögliche Alternative eingeplant.

Christian Haase: Bei den vielen Projekten, die im Augenblick angestoßen werden, wird auch mal einiges schieflaufen. Deswegen mahnen wir im Verteidigungsministerium ein viel stärkeres Projektmanagement an als in der Vergangenheit, um den Überblick über die verschiedenen Maßnahmen zu haben. Wichtig ist uns, dass die Mittel zum Schließen von Fähigkeitslücken ausgegeben werden und nicht, um einfach Geld auszugeben.

Neben der Sicherheit haben Sie das Wachstum als wesentliches Thema im Haushalt benannt. Ein Vehikel ist für die Bundesregierung das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität. Das wurde von Ökonomen überwiegend begrüßt. Nun mehren sich die Stimmen, die das Sondervermögen als Verschiebebahnhof kritisieren und monieren, dass der absehbare Effekt für das Wachstum hinter dem Möglichen zurückbleibt. Was entgegnen Sie?

Christian Haase: Das kommt, glaube ich, von einer falschen Vorstellung. Wir haben eine Finanzplanung der Ampel vorgefunden, die letztendlich an Haushaltsfragen gescheitert ist. Es waren gerade die großen Investitionen, die Schwierigkeiten gemacht haben und die nicht ausfinanziert waren. Die Bahnfinanzierung wurde durch Erhöhungen des Eigenkapitals dargestellt, damit das nicht auf die Nettokreditaufnahme angerechnet wird. Es sind alle möglichen Tricks genutzt worden. Wir haben mit den 500 Milliarden Euro im Sondervermögen jetzt einen großen Schluck aus der Pulle genommen, der in zusätzliche Investitionen fließen soll.


„Wenn uns das nicht gelingt, dann stehen wir vor Löchern, die wir nicht so schnell werden stopfen können.“
Christian Haase (CDU/CSU)

Die Zusätzlichkeit wird von den Kritikern aber in Teilen bezweifelt ...

Christian Haase: Unser Ziel war, dass es eben keinen Verschiebebahnhof geben darf, sondern dass wir nachher genauso viel Investitionen im Kernhaushalt haben, wie wir vor dem Sondervermögen hatten. Wir haben uns die letzten drei Jahre angeguckt - im Übrigen mit den Grünen zusammen - und sind auf die zehn Prozent gekommen, die als notwendige Investitionsquote festgeschrieben sind, damit Mittel aus dem Sondervermögen fließen dürfen. Natürlich sind etwa Verkehrsinvestitionen in das Sondervermögen gewandert, die vorher im Kernhaushalt veranschlagt waren. Daher kommt der Vorwurf. Aber wir haben es hinbekommen, die Investitionsquote im Kernhaushalt zu halten - und den Etat trotzdem ins Lot zu bringen. Natürlich wäre es mir auch lieber, wenn wir ausschließlich über zusätzliche Investitionen aus dem Sondervermögen sprechen würden, also dass wir nicht nur die Brücke A aus dem Kernhaushalt finanzieren, sondern auch die Brücke B zusätzlich. So ist das aber nicht angelegt worden, weil der Gesamthaushalt in der Schieflage war und wir dieses Problem auch in den Griff bekommen mussten. Insgesamt sind die Investitionen im Sondervermögen in der Gesamtsumme zusätzlich zu den bisherigen Investitionen im Kernhaushalt.

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Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte in dieser Woche: "Die Schulden sind da, die Reformen nicht." Was muss aus Ihrer Sicht als Haushälter im Herbst, Winter oder Frühjahr der Reformen passieren, damit das, was Sie in Zahlen gegossen haben, auch funktioniert?

Christian Haase: Wir haben in der Finanzplanung ab dem Haushaltsjahr 2027 große Löcher, die nicht geschlossen sind. Die Voraussetzung, um diese Lücken zu schließen, sind Wachstum und Strukturreformen. Wenn uns das nicht gelingt, dann stehen wir vor Löchern, die wir nicht so schnell werden stopfen können. Und dann wird sofort die Frage nach neuen Sondervermögen, also neuen Schulden, kommen. Das kann aber nicht die Lösung sein, auch weil die europäische Ebene unseren Haushalt mittlerweile stärker im Blick hat - und uns einen Ausgabeabbaupfad mit auf den Weg gegeben hat.

Das heißt?

Christian Haase: Es wird schwer werden. Wir haben im Rahmen der Haushaltsplanberatung mit den Ministerien bereits diskutiert. Es gibt auch einen regierungsinternen Prozess, nach dem erst einmal ein Prozent der Haushaltsmittel pauschal gestrichen werden müssen. Dann ist auch die Politik gefragt: Welche Förderprogramme priorisieren wir in Zukunft - und welche streichen wir? Das sind alles Aufgaben, die werden wir Haushälter und Fachpolitiker schon im nächsten Frühjahr erledigen müssen, damit wir im Sommer überhaupt einen Haushalt für 2027 zusammenkriegen.

Die Koalition hat eine Kommission zur Reform der Schuldenbremse auf den Weg gebracht. Welche Erwartungen haben Sie an diese?

Christian Haase: Ich habe keine Erwartungen an diese Kommission. Die Vorschläge liegen eigentlich schon auf dem Tisch. Es gibt einige kleine Stellschrauben, an denen man drehen könnte, etwa bei der Konjunkturkomponente und ähnlichen Dingen. Auch mit Blick auf den europäischen Rahmen könnte es noch Anpassungsbedarf geben. Ich sehe aber nicht, dass wir die Schuldenbremse ganz über Bord werfen. Das lassen weder die europäischen Fiskalregeln zu, noch können wir von der disziplinierenden Wirkung der Schuldenbremse weg, wenn wir uns nicht selbst in Schieflage bringen wollen.

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