
Vorschau auf die Sitzungswoche : Das wird diese Woche im Bundestag wichtig
Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause findet im Bundestag eine Haushaltswoche statt. Vier Tage lang wird über den Etat für das laufende Jahr 2025 beraten.
Inhalt
Dass Mitte des Jahres die Haushaltsplanungen der Bundesregierung für eben dieses Jahr erstmals beraten werden, ist durchaus ungewöhnlich. Geschuldet ist das Vorgehen dem Koalitionsbruch im Herbst des letzten Jahres, noch bevor die Ampel einen Haushalt 2025 verabschiedet hatte. Seit dem 1. Januar greift die vorläufige Haushaltsführung, die immerhin gewährleistet, dass der Bund seine notwendigen Zahlungsverpflichtungen leisten kann. Geregelt ist dies im Grundgesetz in Artikel 111 Absatz 1.
Von Dienstag bis Freitag werden die Einzeletats in jeweils 90-minütigen Debatten beraten. Vorgestellt wird der Entwurf am Dienstag durch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD). Darin sind Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro vorgesehen. Als Investitionen sind 62,7 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Nettokreditaufnahme liegt bei 81,8 Milliarden Euro.
Traditioneller Höhepunkt ist die Generaldebatte im Mittwoch, bei der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sowie die Vorsitzenden der Fraktionen sprechen werden. Apropos Friedrich Merz: Der Kanzler steht den Abgeordneten am Mittwoch gleich im Anschluss an den morgendlichen vierstündigen Schlagabtausch in der Regierungsbefragung Rede und Antwort - zum ersten Mal.
Nächster Schritt zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie
Am Donnerstag werden die Haushaltsberatungen fortgeführt. Daneben entscheidet das Parlament über die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie, wie von Union und SPD gefordert, oder eines Untersuchungsausschusses, wie es die AfD verlangt.
Am gleichen Tag steht mit dem Gesetzentwurf „zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten durch Rechtsverordnung und zur Abschaffung des anwaltlichen Vertreters bei Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam“ ein weiterer Baustein der von der Regierung geplanten Migrationswende auf der Tagesordnung.
30. Jahrestag: Abgeordneten gedenken am Freitag Völkermord von Srebrenica
Anlässlich des 30. Jahrestages des Völkermords von Srebrenica findet am Freitagmorgen eine Vereinbarte Debatte dazu statt. Während des Bosnienkrieges wurden zwischen dem 11. und dem 19. Juli 1995 in dem Ort Srebrenica mehr als 8.000 bosnische Jungen und Männer von bosnisch-serbischen Soldaten ermordet - unter den Augen von Blauhelm-Soldaten, denen eine Befugnis zum Eingreifen fehlte.
Gegen Freitagmittag kommt es dann zur sogenannten Schlussrunde der Haushaltsberatungen, an deren Ende die Etatentwürfe dem Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Dienstagvormittag: Finanzminister Klingbeil legt seinen Etatentwurf vor
Für Lars Klingbeil ist es eine Premiere: Erstmal wird er in seiner Funktion als Bundesfinanzminister einen Haushaltsentwurf im Bundestag vorstellen. Ein Entwurf, der es in sich hat. Die Zeiten der „schwarzen Null“ sind vorbei. Allein für 2025 werden Kredite in Höhe von 81,8 Milliarden Euro aufgenommen. Ermöglicht wurde diese Rekordverschuldung durch die nach der letzten Bundestagswahl noch vom alten Bundestag vorgenommene umfassende Änderung der Finanzverfassung, die zu einer Aufweichung der Schuldenregel des Grundgesetzes führt.
Insgesamt umfasst der Haushalt Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro. Die größten Aufwüchse im Vergleich zum Vorjahr gibt es im Bereich Arbeit und Soziales (Plus 14,63 Milliarden Euro) und bei den Verteidigungsausgaben (Plus 10,48 Milliarden Euro). Größter Investitionshaushalt bleibt der Einzelplan 12 (Verkehr) mit 23,72 Milliarden Euro. Weitere 11,71 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sollen aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ kommen.
Was passiert mit den Milliarden aus der Lkw-Maut?
Ebenjener Verkehrshaushalt wird am Dienstagnachmittag beraten. Nicht nur das größte Investitionsvolumen findet sich dort – auch bei den geplanten Einnahmen steht der Einzelplan 12 an der Spitze der Ressorts. Der Geldbringer ist die Lkw-Maut. 13,37 Milliarden Euro werden für 2025 erwartet.
Die Verteilung dieses Geldes innerhalb der Verkehrsträger, die Sanierung der maroden Autobahnbrücken und die Zukunft der aktuell in der Kritik stehenden Deutschen Bahn werden Themen in der Debatte sein.
„Elefantenrunde“ am Mittwochvormittag
Dass die Stromsteuer – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart – nun doch nicht für alle Verbraucher sinken soll, wird sicherlich einer der Aufreger bei der Generalaussprache im Mittwochvormittag sein.
Zwar geht es formal um den eher kleinen Etat für das Bundeskanzleramt. Erfahrungsgemäß werden aber dabei alle relevanten Felder der Politik abgedeckt – innenpolitische wie außenpolitische.
Mehr Geld für moderne Waffensysteme – kommt die Wehrpflicht doch?
Mit einem Gesamtvolumen von rund 86,49 Milliarden Euro sollen Deutschlands Verteidigungsausgaben in diesem Jahr auf einen neuen Höchststand steigen. 62,43 Milliarden kommen aus dem regulären Wehretat des Einzelplans 14, weitere 24,06 Milliarden Euro sollen aus dem Sondervermögen Bundeswehr fließen. So weit, so gut. Mehr Geld allein sorgt aber nicht für eine schlagkräftige Armee. Es braucht auch mehr Personal.
Die Rede ist von zusätzlich benötigten 60.000 Soldaten. Kommt nun die Rückkehr zur Wehrpflicht? Auch darum wird es bei der Debatte am Mittwochnachmittag gehen. Eigentlich wollten Union und SPD laut Koalitionsvertrag auf Freiwilligkeit setzen. Das wird nicht reichen, hieß es aber schon bald von Seiten der Union. Inzwischen denkt auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) daran, im geplanten Wehrdienstgesetz eine Wehrpflicht zu verankern.
Migrationspolitik beschäftigt das Hohe Haus auch in der Haushaltswoche
Auch in der Haushaltswoche wird es an Streit über die Migrationspolitik nicht fehlen. Am Donnerstagmorgen wird der Innenetat beraten. Der Ressortchef, Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), steht wegen der Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen in der Kritik, treibt aber dennoch aus seinem Haus stammende Initiativen zur Begrenzung der illegalen Migration unverdrossen voran.
Dazu gehört auch das Ansinnen, in Zukunft die Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten für den internationalen Schutz durch eine einfache Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundestages und Bundesrates vornehmen zu können. Der entsprechende Gesetzentwurf, im Interesse einer Beschleunigung des Verfahrens von den Koalitionsfraktionen eingebracht, der auch die Abschaffung der verpflichtenden Bestellung eines Rechtsbeistands im Verfahren über die Anordnung von Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam vorsieht, wird am Donnerstag in erster Lesung beraten.
Abgeordnete debattieren am Donnerstag einen Einzelplan, den es noch nicht gibt
Ebenfalls am Donnerstag gibt es eine Debatte zum Einzelplan 24 (Digitales und Staatsmodernisierung). Interessant dabei: Es gibt noch gar keinen Einzelplan 24. Die Haushaltsposten, die zu dem neu geschaffenen Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung gehören, finden sich derzeit noch in anderen Etats.
Ohnehin ist festzustellen, dass sich die neuen Zuschnitte der Ministerien grundsätzlich noch nicht im aktuellen Haushaltsentwurf wiederfinden.
Knapp 40 Prozent des Gesamthaushalts für Soziales
Am Freitag stimmt das Parlament über drei Wahlvorschläge des Wahlausschusses für Richter des Bundesverfassungsgerichts ab, bevor die Haushaltswoche mit der Überweisung des Regierungsentwurfes an den Haushaltsausschuss endet. Dort stehen über den Sommer intensive Beratungen an, ehe der Etat Ende September durch den Bundestag verabschiedet werden soll.
Mit dem Einzelplan 11 (Arbeit und Soziales) wird an dem Tag auch jener Etat besprochen, der knapp 40 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht. 190,3 Milliarden Euro sind für Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) eingeplant – 14,63 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2024.
Allein 134,89 Milliarden Euro gehen als Bundeszuschuss an die Rentenversicherung. 29,6 Milliarden Euro sind für das Bürgergeld gedacht – ein Anstieg um drei Milliarden Euro im Vergleich zum letzten Jahr. Ex-Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte bei den schlussendlich nicht umgesetzten Ampel-Planungen für 2025 lediglich 25 Milliarden Euro für das Bürgergeld eingestellt.